Wo Ideen zu fliegen beginnen
Am 13. November 2025 wurde das Zürcher Hallenstadion erneut zum Treffpunkt der digitalen Vordenkerinnen und Vordenker. Mitreissend, mutig und voller Ideenpower kämpften vier junge Finalistinnen und Finalisten an der Digital Economy Award Night um den Sieg in der Kategorie «NextGen Hero». Wer hat sich am Ende durchgesetzt und was steckt hinter ihren Ideen?

Es war ein Abend, an dem Visionen greifbar wurden. Scheinwerferlicht schwenkte über gespannte Gesichter, der Applaus vibrierte in der Luft, und irgendwo zwischen Lampenfieber und Begeisterung schoss der Puls von vier Finalistinnen und Finalisten in die Höhe. Zwei junge Frauen und zwei junge Männer traten gegeneinander an – vereint durch den Mut, ihre Zukunftsideen vor einem vollbesetzten Saal zu präsentieren, mit denen sie die digitale Schweiz von morgen mitprägen wollen.
90 Sekunden für eine Idee, die die Welt verändern könnte.
So wenig Zeit hatten die Finalistinnen und Finalisten, um das Publikum im Hallenstadion für ihre Projekte zu gewinnen. 90 Sekunden, in denen Worte wie Funken zum Publikum fliegen mussten, um in ihm das Feuer der Begeisterung zu entfachen. Wer auf der Bühne im Rampenlicht stand, hatte keine zweite Chance – jeder Satz, jedes Argument, jede Geste musste sitzen.
Das Publikum als Jury
Im Anschluss an die Live-Pitches lag die Entscheidung ganz in den Händen der Anwesenden. In einem Saalvoting kürten sie jene zwei, die am stärksten berührten, überzeugten und inspirierten: eine junge Frau und einen jungen Mann. Keine Fachjury, kein Expertengremium, sondern ehrliche, unmittelbare Begeisterung entschied darüber, wer an diesem Abend als «NextGen Hero 2025» ausgezeichnet wurde.
And the Winners are
Gewinnerin und Gewinner in der Nachwuchskategorie NextGen Hero 2025 sind: Nathalie Kern mit der Harmonisierung der Softwarelandschaft im öffentlichen Sektor und Simon Weigold mit einem Open-Source-Tool, das Menschen mit eingeschränktem Zugang zu Rechtsberatung unterstützt.
Wir haben die beiden frisch gekürten Heroes getroffen und mit ihnen über ihre Projekte, ihre Träume und die Zukunft der digitalen Schweiz gesprochen.
Switch: Liebe Nathalie, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Digital Economy Awards in der Kategorie NextGen Hero. Wenn du dein Projekt in einem Satz erklären müsstest, wie würde dieser lauten?
Nathalie Kern: Ich erstelle eine riesige Landkarte, auf der alle IT-bezogenen Aufgaben der kantonalen Verwaltung aufgeführt sind und verknüpfe sie miteinander.
Welcher Gedanke oder welches Erlebnis hat dich ursprünglich zu deinem Projekt inspiriert?
Während meines berufsbegleitenden Studiums hatte mir mein Chef das Thema als Masterarbeit vorgeschlagen. Er brachte mich dann auch in die IT-Welt hinein und ist der Grund, weshalb ich heute in diesem Bereich arbeite.
Du hast heute Abend das Publikum begeistert. Was hat deiner Meinung nach den Ausschlag dazu gegeben?
Ich glaube, dass das Publikum die Bedeutung meines Nischenthemas erkannt hat und dass wir es unbedingt anpacken und enger zusammenarbeiten müssen.
Ein 90-Sekunden-Pitch – das ist weniger Zeit als ein Song im Radio. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Ehrlich gesagt, war ich ziemlich überfordert. Ich konnte dann an einem Pitch-Training teilnehmen und habe viele Ideen mit nach Hause genommen. Daraus entstand dann eine erste Version, die ich mit meinem Pitch-Coach nochmals überarbeiten konnte. So entstand im Hin und Her schliesslich mein fertiger Pitch.
Jede Innovation hat Hürden. Was war für dich der schwierigste Moment in der Entwicklung?
Die grösste Hürde war es, den Zoo aller Aufgaben einer digitalen Verwaltung – vom Bereich der Bildung bis hin zu den vielfältigsten Aufgaben des Bundes – zu einer Übersicht zusammenzutragen. Diese Übersicht musste ich auf eine Weise erstellen, dass sie als Stereotyp für jeden Kanton und jede Gemeinde funktionierte. Daraus entstanden modular aufgebaute Aufgaben, die man ein- und ausblenden kann.
Was ist dein nächstes Ziel?
Ich werde meine Masterarbeit gemeinsam mit der Digitalen Verwaltung Schweiz vorantreiben. Dort bin ich in einer Architekturgruppe tätig, in der ich an meinem Projekt weiterarbeiten und daraus einen eCH-Standard entwickeln kann.
Und zum Schluss: Wenn du dir die digitale Schweiz im Jahr 2035 vorstellst: Welche Rolle spielt dein Projekt darin?
Ich erhoffe mir, dass mein Projekt aufgezeigt, wo wir in der Verwaltung zu viel Geld ausgeben, sodass die Politik daraus die richtigen strategischen Entscheide ableitet und wir eine viel innovativere digitale Verwaltung haben.
Switch: Lieber Simon, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Digital Economy Awards in der Kategorie NextGen Hero. Wenn du dein Projekt in einem Satz erklären müsstest, wie würde dieser lauten?
Simon Weigold: Bei Rechtsfällen werden immer Fakten aus dem echten Leben in ganz vielen Dokumenten festgehalten. In diesen Dokumenten analysiert man dann die wichtigsten Elemente und nutzt sie beispielsweise in der Entscheidungsfindung vor Gericht. Diesen Prozess automatisiere ich mithilfe von LLMs, die dafür perfekt geeignet sind. Dazu habe ich mit einer Open-Source-Software eine von der Rechtswissenschaft geprüfte Anwendung programmiert. Sie liefert Juristinnen und Juristen zuverlässige Antworten, die sie zudem einfach anwenden können. Derzeit ist meine Anwendung gerade für Gerichtsentscheide besonders gut geeignet, da diese einem sehr standardisierten Prozess folgen müssen.
Welcher Gedanke oder welches Erlebnis hat dich ursprünglich zu deinem Projekt inspiriert?
Im Rahmen eines rechtswissenschaftlichen Forschungsprojekts habe ich sehr viele Forschungsdaten wie Dokumente und Gerichtsentscheide gesammelt. Anschliessend ging es um die Analyse dieser Daten. Ich wollte wissen, welche Informationen und Interpretationen darin stecken. Wenn Juristinnen und Juristen diese Analyse von Hand durchführen, benötigen sie dafür enorm viel Zeit. Deshalb wollte ich diesen Prozess automatisieren. So lassen sich in viel kürzerer Zeit wesentlich mehr Daten analysieren.
Du hast heute Abend das Publikum begeistert. Was hat deiner Meinung nach den Ausschlag dazu gegeben?
Ich glaube, das Publikum hat verstanden, wie wichtig es ist, Open-Source-Software zu nutzen. Open-Source-Software ist nicht nur im Rechtsbereich, sondern allgemein sicherer, zuverlässiger und meist auch günstiger.
Ein 90-Sekunden-Pitch – das ist weniger Zeit als ein Song im Radio. Wie hast du dich darauf vorbereitet?
Zunächst schrieb ich auf, was ich sagen wollte. Dann kürzte ich den Inhalt in einem Iterationsprozess immer weiter, bis ich innerhalb des Zeitlimits alles Wesentliche drin hatte.
Jede Innovation hat Hürden. Was war für dich der schwierigste Moment in der Entwicklung?
Am schwierigsten war und bleibt es, die automatisierte Analyse zuverlässig zu dokumentieren. Ich versuche zwar, mit meinem KI-Assistenten möglichst viele Nutzerbedürfnisse im Rechtsbereich abzudecken. Aber jede einzelne Analyse muss von einer Juristin oder einem Juristen geprüft und bestätigt werden. Das ist ein aufwändiger Prozess. Aber genau deshalb mache ich diesen Prozess mit Open-Source-Software offen und transparent. So können möglichst viele beitragen und überprüfen, wie gut der KI-Assistant arbeitet und wo ich ihn verbessern kann.
Was ist dein nächstes Ziel?
Im nächsten Schritt möchte ich Studierende erreichen. Sie sollen lernen, dass Technologie gut ist, wenn sie offen ist, wenn sie Open Source ist.
Und zum Schluss: Wenn du dir die digitale Schweiz im Jahr 2035 vorstellst: Welche Rolle spielt dein Projekt darin?
Ich wünsche mir, dass in der Rechtspraxis, in der Verwaltung und an Gerichten offene Prinzipien zur Anwendung kommen. Die Zukunft im Rechtsbereich ist digital. Ich wünsche mir sehr, dass im Legal Tech Open-Source-Software die Oberhand erhält und behält.
Weiterführende Infos
- Diese vier Personen und ihre Projekte standen im Finale.
- Über den Digital Economy Award.












